Was ist eine Angststörung?
Jeder von uns kennt das Phänomen Angst: Ob es die weichen Knie vor einer Präsentation sind, das Herzrasen vor einer Prüfung oder nur ein einfaches Erschrecken. Doch warum haben wir überhaupt Angst?
Früher war die Funktion der Angst uns vor Gefahren zu schützen, das bedeutet sobald Gefahr auftrat, musste der Körper alle zur Verfügung stehenden Ressourcen aktivieren, damit man im besten Fall Kämpfen oder Fliehen kann. Heutzutage ist das eher selten der Fall, denn was bringt dir die ganze körperliche Energie wenn du dich in eine Prüfung begibst, nicht wirklich viel um ehrlich zu sein, da du weder Kämpfen noch Fliehen musst.
Wenn die Angst in ihrer Ausprägung normal ist, dann kommen wir damit im Alltag ganz gut zurecht und haben sogar vielleicht die ein oder andere Strategie, wie wir sie im Zaum halten können, wenn sie mal etwas zu stark ist. Also wann kann die Angst zu einer Störung werden?
Eine Angststörung zeichnet sich im Vergleich zum oben beschriebenen Phänomen vor allem durch eine sehr intensive, unpassende und manchmal sogar dauerhafte Angstreaktion aus.
Da die Angst sehr vielfältig ist, gibt es ein sehr breites Spektrum an unterschiedlichen Angststörungen. Im folgenden Text unterscheiden wir der Einfachheit halber zwischen Angststörungen mit konkreten Auslösern und ohne Auslöser.
Um eine klare Trennung zwischen einer passenden Angstreaktion und einer Angststörung zu bewerkstelligen, wird in Deutschland eine Diagnose nach dem ICD-10 gestellt.
Diagnose
Grundlose und unrealistische Angst durch konkreten Auslöser:
- Plätze, Menschenmengen oder Reisen (Agoraphobie)
- Spinnen (Spinnenphobie)
- Im Mittelpunkt stehen, soziale Interaktionen (soziale Phobie)
Durch den Auslöser finden mindestens zwei allgemeine Angstsymptome:
Vegetative Symptome:
- Herzklopfen oder Herzrasen
- Schweißausbrüche
- Zittern oder Beben
- Mundtrockenheit
Thorax und Abdomen:
- Kurzatmigkeit oder Atemnot
- Beklemmungsgefühle
- Schmerzen oder Missempfindungen in der Brust
- Übelkeit oder Magen / Darmbeschwerden
- Hitzewallungen oder Kälteschauer
- Taubheit oder Kribbeln (Paresthesien)
Psychisch:
- Schwindel, Benommenheit oder Schwächegefühl
- Depersonalisation oder Unwirklichkeit
- Angst, verrückt zu werden oder etwas Unkontrolliertes zu tun
- Todesangst
Allgemeine Symptome:
- Hitzewallungen oder Kälteschauer
- Taubheit oder Kribbeln (Paresthesien)
Panikstörung
Wiederholtes Auftreten plötzlicher Angstanfälle, ohne dass objektiv gesehen eine reale Gefahr besteht. Die Angstanfälle treten in Form einer Panikattacke auf und beinhalten eine extreme körperliche Reaktion mit großer Befürchtung der eigenen Gesundheit könnte etwas passieren. Auf dem Zenit der Panikattacke haben die Betroffenen Angst zu sterben.
Während einer Panikattacke mindestens vier oder mehr der folgenden Symptome:
- Herzklopfen
- Schwitzen
- Zittern oder Beben
- Gefühl, der Luftknappheit
- Gefühl zu ersticken
- Brustschmerzen
- Übelkeit/Bauchschmerzen
- Gefühl von Schwindel, Benommenheit
- Gefühle von Kälte oder Hitze
- Taubheits- oder Kribbelgefühle
- Derealisation/Depersonalisation
- Angst, Kontrolle zu verlieren oder „verrückt“ zu werden
- Angst zu sterben
Auf eine Panikattacke folgt einen Monat lang mindestens eins der folgenden Symptome:
- Anhaltende Sorge über weitere Panikattacken oder deren Konsequenzen (z.B. Kontrollverlust, Herzinfarkt, „verrückt“ werden)
- Eine signifikante maladaptive Verhaltensänderung in Verbindung mit den Attacken (Vermeidung von Sport oder neuen Situationen)
Generalisierte Angststörung
Generalisierte und anhaltende Angst, die nicht durch bestimmte Situationen ausgelöst werden. Die Angst zeichnet sich durch unbegründete Sorgen und Vorahnungen von zukünftigen Unglücken oder Erkrankungen aus, vor allem in den Bereichen Familiäre/Soziale Beziehungen, Arbeit/Leistung, Gesundheit, Finanzen und Alltägliches.
Ein Zeitraum von mindestens 6 Monaten mit vorherrschender Anspannung, Besorgnis und Befürchtungen in Bezug auf alltägliche Ereignisse.
Mindestens vier der allgemeinen Angstsymptome oder der Folgenden
- Muskelverspannung oder Schmerzen
- Ruhelosigkeit
- Nervosität
- Kloßgefühl im Hals
- Schreckhaftigkeit
- Konzentrationsschwierigkeiten
- Reizbarkeit
- Einschlafstörungen
Häufigkeit
Im Laufe des Lebens: 15 % der erwachsenen Deutschen mindestens einmal an einer Angststörung erkrankt, das ist ca. jeder 7 Bürger.
Ursachen und Auslöser
- Genetische Faktoren
- Neurobiologische Faktoren
- Frühkindliche Erfahrungen
- Traumatische Erlebnisse
- Ausgeprägte Stresssituationen
- Überaktives Angstzentrum im Gehirn
- Negative Lernerfahrungen (Vermeidung der Angst)
Behandlung
Medikamente
Eine Angststörung kann medikamentös mit Antidepressiva behandelt werden. Es ist hierbei wichtig zu verstehen, dass Antidepressiva eine Angststörung nicht heilen. Durch die Medikation kommt es zum Abklingen der Ängste und die bestehenden Probleme erscheinen weniger groß und wieder bewältigbar. In diesem Zustand haben die betroffenen oftmals eine deutlich bessere Voraussetzung, um erfolgreich an einer Psychotherapie teilzunehmen.
Psychotherapie
Neben der medikamentösen Behandlung bildet die Psychotherapie die zweite Grundsäule bei der Behandlung von psychischen Störungen. Je nach Auslöser, Ursache und aktuellem Schweregrad der Angststörung, bietet sich eine der drei Psychotherapieformen kognitive Verhaltenstherapie, tiefenpsychologische Psychotherapie und die systemische Therapie an.
Wo finde ich Hilfe?
Sowohl die Medikamente, als auch die Psychotherapie sind Behandlungsverfahren, die im Normalfall von der gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung abgedeckt werden.
Der erste Ansprechpartner kann der Hausarzt sein. Dieser kann ggf. auch eine Differenzierung vornehmen zwischen körperlichem und psychischem Leiden.
Falls Sie nicht zu Ihrem Hausarzt gehen möchten oder dieser, Ihrer Meinung nach, das Problem nicht richtig verstanden hat, können Sie sich auch noch an andere Stellen wenden:
- Facharzt für Psychiatrie
- Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigung
- Kassenärztliche Vereinigung
- Therapie.de
Für einen detaillierte Beschreibung vom Verdacht einer Psychischen Störung bis zum Ende der Behandlung hat die Bundespsychotherapeutenkammer einen Ratgeber erstellt den Sie HIER erhalten.